10. November 2018
Das Canon EF 400mm 1:2,8 L II USM (ohne IS) ist ein wirklich imposantes Objektiv und mit 6,5 kg eins meiner Schwersten. Da hat man richtig was in der Hand, alleine schon ein schneller Wechsel vom Quer- zum Hochformat wird freihand zum Kraftakt. Mir kommt es sehr entgegen, dass der Fokusring im AF- Betrieb vollständig entkoppelt ist, denn beim hantieren komme ich da immer wieder hin. Bei manchen Nikon Objektiven würde ich dadurch ständig den Autofokus overriden.
Selbst eine handfeste EOS 1D wirkt an dem 2,8/400er zierlich. Was ich lustig finde: Man kann von vorne die Mattscheibe kontrollieren ;-) siehe letzte zwei Bilder.
Inklusive Kamera geht das Gesamtgewicht in Richtung acht Kilo. Wenn ich es längere Zeit Freihand halte, melden sich schon irgendwann mal die Arme und Schultern...
Eine willkürliche Auswahl aus den meinen ersten Aufnahmen mit dem EF 400mm 1:2,8 L II USM, alle mit Blende 2,8:
Die Freistellung des Motivs ist bei Offenblende so stark, dass manche Aufnahmen fast unwirklich, wie eine Fotomontage wirken, so als hätte man das Motiv in eine zweite, unscharfe Aufnahme eingefügt. Oder wie so ein 'Brenizer' Ding der Hochzeitsfotografen ;-) Tatsächlich bin ich schon ein paar mal von Kollegen angepflaumt worden, ein Bild sei "nicht echt" sondern wäre eine Montage/ ein Composing.
Probeweise auf den Mond gezielt, um den Autofokus auf "Unendlich" zu testen, ebenfalls Blende 2,8 - passt:
Die Bäume im letzten Tageslicht, mit einer für die 1Ds Mark-II unsittlich hohen ISO von 3200 ("Hi"), ebenfalls Blende 2,8:
Interessant ist, das mein Exemplar einige Tiefe Kratzer im Zentrum der zweiten(!) Linse von vorne hat. Wie die dort wohl hingekommen sind? Dazu müsste die vorderste Linse samt Schutzglas erst mal aus dem Weg sein, um überhaupt an die Zweite ranzukommen... wahrscheinlich werde ich den Hergang nie erfahren.
Wie schon weiter oben geschrieben, ist die Freistellung bei Offenblende enorm. Die Darstellung der unscharfen Bereich, das "Bokeh", ist natürlich faszinierend soft, aber ich habe auch ein paar seltsame Effekte bemerkt:
1.) Lichter im Hintergrund, die in bestimmten Mustern angeordnet sind, ergeben höchst seltsame Effekte, zum Beispiel ein glasiertes Ziegeldach, welches in der Sonne etwas glänzte:
2.) Bildbestandteile, die sich in einem bestimmten Entfernungsbereich VOR dem Motiv befinden, zwischen Schärfepunkt und Kamera, also "Vordergrundbokeh", werden recht harsch abgebildet. Wenn sie sich sehr nah vor der Kamera befinden, lässt dieser Effekt wieder nach, jedoch bleiben fast immer sichtbare Störungen im Bild. Auch beim fotografieren durch Zäune (z.B. Tiergehege) entstehen nicht selten eigenartige Artefakte in den hellen Hintergrundbereichen, aber das passiert ja mit vielen Teleobjektiven.
Fazit bisher:
Allzuviel kann ich noch gar nicht sagen, jetzt muss ich erst mal eine Zeit lang damit arbeiten. Aber einst steht schon fest: Das Canon EF 400mm 1:2,8 L II USM ist definitiv ein cooles Ding. Wenn ich es in der Hand halte, habe ich unwillkürlich ein Bild vor Augen, wie diese Objektive liebevoll in Einzelfertigung zusammengebaut wurden. Es fasziniert mich derart, dass ich das enorme Gewicht komplett verdränge, jedenfalls gedanklich. Meine Arme und Schultern sagen etwas anderes, aber die müssen halt trainiert werden. Auf alle Fälle hoffe ich auf viele Motivsituationen, die nach lichtstarken 400 Millimetern verlangen ;-)
Was ich am Canon EF 400mm 1:2,8 L II USM liebe:
• Die Freistellung. Der Effekt ist noch stärker als beim 200mm 1:1,8. Logisch, denn die Schärfentiefe müsste einem hypothetischen 200mm 1:1,4 entsprechen. In manchen Fällen ist die Freistellung auch stärker als beim 600mm 1:4, wenn/ weil man näher am Motiv ist.
• Die Ergonomie ist, abgesehen vom Gewicht, wirklich gut. Der Griff ist perfekt. Der Fokusring koppelt sich im AF Betrieb aus. Selbst wenn ich im Eifer des Geschehens dran komme, z.B. beim Wechsel von Quer- zu Hochformat, greife ich nicht versehentlich in die Fokussierung ein.
• Die Lichtstärke, natürlich. Es ist schon toll, wenn man aus dem letzten Tageslicht oder tief im Schatten noch etwas herausquetschen kann, wie mit dem 70-200mm gewohnt bei Blende 2,8 - nur eben mit 400 Millimetern.
• Der Autofokus ist super schnell und präzise. Kein bisschen langsamer als bei einem aktuellen Teleobjektiv dieser Klasse.
Woran man merkt, dass man ein Objektiv von 1994 in der Hand hat:
• Am Gewicht ;-) die aktuellen Versionen sind rund ein drittel leichter.
• Es gibt keinen Bildstabilisator. Da sich aber meine Motive meistens mehr oder weniger schnell bewegen, ist Stabi für mich zweitrangig. Er würde höchstens meinem eigenen Gewackel entgegenwirken, aber dafür bietet das 400mm die entsprechende Massenträgheit.
Bisher verwendet an:
• 1Ds Mark-II, die beiden harmonieren perfekt, keine AF- Feineinstellung erforderlich (wäre auch nicht selbst machbar).
• 1D Mark-III, auch mit dem 1,4x Extender Mark-II und einmal sogar mit dem Extender plus Kenko 1,4x Konverter. Das waren dann dezente 784mm bei Blende 5,6. Autofokus war mit zwei Konvertern zwar leicht verlangsamt, aber immer noch präzise.
• 1Ds Mark-III, ebenfalls eine sehr harmonische Kombination.